Story

 

EMILIA

Der Corona-Matura gerade noch entkommen, haben wir als letzter Jahrgang die umfassende Reife-und Diplomprüfung mit Erfolg hinter uns gebracht. Nach der Schule trennen sich unsere Wege erstmal. Soweit so gut.

März 2020, alle werden aus ihrem Alltag gerissen. Nach Verlust meiner Arbeit stehe ich erstmal mit viel Zeit und kaum Beschäftigung da. Kreativität ist gefragt. Mit Pferd aufs Land und dort einige Monate auf einer Alm verbringen, so lässt sich der Lockdown aushalten. 

Zurück in Wien – erstmal wieder Sozialkontakte knüpfen. Mit Sebi zur Gaultmilliau Genussmesse, lange nicht gesehen aber schnell wieder zueinander gefunden. Pläne und Träume für die Zukunft ähneln sich.

Jetzt wird's aber Zeit, raus aus dem Hotel Mama, ab ins „The Student Hotel“! Frühbucherbonus ergattert: 8. Stock mit Dachterrasse. Jeden Tag aufs Neue dankbar, wenn mich die ersten Sonnenstrahlen am Morgen wecken. 

Beschweren auf höchstem Niveau, aber als Köchin gehen mir in meiner kleinen Küche ein Backofen und Geschirrspüler schon sehr ab. Mit 450 Studenten aus aller Welt unter einem Dach findet man schnell Freunde, mit denen man auf die eine oder andere witzige Idee kommt, vor allem wenn man keine Arbeit hat. Bewerbung über Bewerbung verlassen meinen Postausgang, mein Posteingang bleibt jedoch leer. So geht's für mich nicht weiter.  Um die langen Tage sinnvoll zu nutzen, wird das Mealpreppen - das Vorbereiten von Speisen in großen Mengen – zu meinem wöchentlichen Ritual. Anfänglich gebe ich mich mit drei Tage Chili con Carne und drei Tage Curry zufrieden. Tage verfliegen im Studentenheim, es ergeben sich auch die eine oder andere nächtliche Trinkeinlage, welche bei anschließenden Kühlschrankplünderungen oftmals verdutzte Gesichter auslöst. „What the heck is that?“ Anstelle des im Studentenkühlschrank erwartenden Toastbrot, Dosenbier und Essiggurken häufen sich Tupperwares und Mealprepcontainer. „Frisch gekochtes, gesundes Essen für die ganze Woche? Samma dabei!“, da melden sich auch schon die ersten Freunde zu Wort und fragen, ob ich nicht für sie mitkochen will. In der Woche darauf fragen auch schon die Freunde der Freunde nach, ob sie bei mir eine Bestellung aufgeben können. Endlich eine sinnvolle Beschäftigung in einer so nutzlosen Zeit gefunden. Spaß hab ich, zehn Leute mit 70 Gerichten versorgen ist halb so schlimm. Die Woche darauf jedoch, 100 Gerichte? Langsam wird es in der Studentenküche eng. Griff zum Handy. „Sebi, ich weiß nicht genau, was da grad abgeht, aber ich bekoche da ein paar Leute. Wie schaut’s aus? Magst mir nicht helfen?“

 

SEBI

Was ist denn das für eine Frage? Let’s do it! Also ins „The Student Hotel“ und erstmal die Lage abchecken, mit Emilia den Kochlöffel schwingen, Menschen glücklich machen. In einem Gespräch mit dem Management des „The Student Hotel“ bekommt Emilia den ausschlaggebenden Input – ihr macht was ihr liebt und damit auch andere Leute glücklich – mach doch dein eigenes Ding draus!

Keine paar Tage später wird mir ein ausgefeiltes Konzept zur Unternehmensgründung präsentiert. Ob ich dabei bin? Na, was glaubt‘s?!

Die Anzahl der Bestellungen steigt weiter an, das lässige gemeinsame Kochen wird tatsächlich zu einer Herausforderung. Was tun? Erstmal Urlaub fahren. Griff zum Handy. „Simon, Venedig wartet auf mich, du musst mich da bei so einer Sache vertreten.“

 

SIMON

Küche schön und gut. Zahlen gefallen mir aber noch besser. Durch die steigende Anzahl an Bestellungen häuft sich auch die Büroarbeit. Neben Schälermeister agiere ich nun auch als Finanzberater. Es wird stressig. Die Woche füllt sich mit Arbeit. Montags wird gekocht, am Abend liefern wir aus, erstmal nur in das „The Student Hotel“. Mitte November – Emilia steigt nach einem anstrengenden Kochtag mit unserem Festivalwagerl, liebevoll genannt "Beachwagn" voller Mealpreps aus dem Auto aus und schleppt sich ins Studentenheim. Bis nächste Woche Eppi.

 

FIONA

Das muss die Studentin aus dem 8. Stock sein, die ihr Essen an die anderen Studenten verkauft, denk ich mir, wie ich Emilia ein Wagerl mit rund 50 Mealprep-Boxen durch den Eingang des „The Student Hotel“ ziehen sehe. Noch keine 5 Sätze miteinander gesprochen kommt sie auf mich zu, stellt ihre Lieferung frech neben mir ab und sagt: „Die Leute kommen da jetzt ihr Essen abholen, ich muss nochmal weg. Nimm dir ruhig auch was, wir haben eines übrig“ „Hm, na gut. Immerhin Essen“, denk ich mir in dem Moment, nichts ahnend, dass dies der Beginn einer großartigen Freundschaft ist.

Ab diesem Tag verbrachte ich meine Lernstunden nicht mehr wie zuvor in der Lobby des Hotels, sondern leistete Emilia in einem Büro Gesellschaft, welches ihr das „The Student Hotel“ zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stellte. Bose Box, Erdbeerjoghurt und Kaffee – das macht uns aus. Wochenlang hocken wir während des zweiten Lockdowns im Büro, arbeiten und lernen bis spät in die Nacht und erfreuen uns hauptsächlich an der gegenseitigen Gesellschaft. Emilia nimmt für mich einen Nebenjob als persönliche Accounting-Nachhilfelehrerin an, versorgt mich täglich mit gutem Essen und schenkt mir neben Einblicke in das Unternehmerleben unzählige Lachmomente. Im Gegenzug übernehme ich für sie die Gestaltung ihrer Flyer, kümmere mich um ihre tägliche Koffeinzufuhr und unterstütze sie mit meiner Expertise bei wichtigen Entscheidungen wie der Auswahl der Pastasorte für die kommende Woche. Aus einer Lockdowngesellschaft wurden gute Freunde - mittlerweile sind wir Geschäftspartner.

Einzeln sind wir stark, zu zweit fast unschlagbar, zu viert verändern wir die Gastronomie.